Angebot öffentliche Ausschreibung erstellen: Der ultimative Leitfaden für IT-Dienstleister

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Angebot öffentliche Ausschreibung erstellen: Der ultimative Leitfaden für IT-Dienstleister

22. Nov. 2025
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7 min
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Alexander Kohler
Alexander KohlerCo-Founder & CEO von BidFix

Öffentliche Aufträge sind lukrativ, doch viele IT-Dienstleister scheitern an den hohen formalen Hürden und komplexen Anforderungen. Erfahren Sie, wie Sie ein rechtssicheres und inhaltlich überzeugendes Angebot für öffentliche Ausschreibungen erstellen, das die Vergabestelle begeistert und Ihre Gewinnchancen maximiert.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Formale Fehler wie fehlende Signaturen oder Fristversäumnisse sind die häufigste Ursache für den Ausschluss von Angeboten.
  • Das Lösungskonzept sollte sich strikt an der Gliederung der Leistungsbeschreibung orientieren, um den Prüfern die Bewertung zu erleichtern.
  • Referenzen müssen vergleichbar, aktuell (meist < 3 Jahre) und idealerweise durch Auftraggeber-Bescheinigungen belegt sein.

Der Markt für öffentliche IT-Aufträge in Deutschland ist riesig, doch die Hürden für den Einstieg wirken oft abschreckend. Laut Vergabestatistiken werden zahlreiche Angebote nicht wegen mangelnder Kompetenz, sondern aufgrund vermeidbarer formaler Fehler ausgeschlossen. Für IT-Dienstleister und Systemhäuser bedeutet das: Ein exzellentes technisches Verständnis allein reicht nicht aus. Wer den Zuschlag erhalten will, muss die Sprache der Vergabestelle sprechen und die strengen Regeln des Vergaberechts (VgV, UVgO) beherrschen.In diesem Leitfaden zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie ein Angebot erstellen, das sowohl formal wasserdicht als auch inhaltlich überzeugend ist - von der perfekten Referenzdarstellung bis zum rechtssicheren Preisblatt.

Die Grundlagen: Was Vergabestellen wirklich wollen

Bevor Sie mit dem Schreiben beginnen, fragen Sie sich vielleicht: Wie wird mein Angebot eigentlich bewertet? Öffentliche Auftraggeber entscheiden nicht nach Bauchgefühl, sondern nach strengen Kriterien. Laut dem Bundesministerium des Innern (BMI) bildet die UfAB 2018 den De-facto-Standard für diese Bewertungen.

Was ist eigentlich unter Wirtschaftlichkeit zu verstehen? Entscheidend ist hier das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Berichte der Vergabekammern bestätigen immer wieder: Der niedrigste Preis gewinnt nicht automatisch, wenn das Konzept schwach ist. Hier ist ein wichtiger Punkt für Sie: Ein teureres Angebot kann gewinnen, wenn die Qualität stimmt.

Lassen Sie uns die zwei Hauptkategorien unterscheiden:

  • Eignungskriterien: Diese sind binär. Wenn Sie diese Hürden (z.B. Mindestumsatz) nicht nehmen, wird Ihr Angebot gar nicht erst geprüft.
  • Zuschlagskriterien: Hier sammeln Sie Punkte. Wie Analysen von IT-Vergaben zeigen, liegt die Gewichtung oft bei 40 bis 60 % für den Preis und entsprechend für die Leistung.

Wie können Sie Ihre Gewinnchancen maximieren? Nutzen Sie die Bewertungsmatrix der Ausschreibung als Ihre „Bauanleitung“. Jeder Punkt in der Leistungsbeschreibung muss in Ihrem Angebot - idealerweise mit Unterstützung von Bidfix - explizit adressiert werden.

Das Gewinner-Konzept: Struktur und Inhalte im Detail

Warum ist das inhaltliche Konzept so wichtig? Das inhaltliche Konzept ist Ihr wichtigstes Werkzeug, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Während der Preis oft durch Marktgegebenheiten diktiert wird, können Sie im Konzeptteil (oft „Lösungskonzept“ oder „Umsetzungskonzept“ genannt) entscheidende Punkte sammeln. Der Bitkom empfiehlt, sich strikt an der Gliederung der Leistungsbeschreibung zu orientieren, um den Prüfern die Arbeit zu erleichtern.

Ein überzeugendes IT-Konzept für öffentliche Auftraggeber sollte folgende Kernelemente enthalten:

1. Management Summary (Lösungsüberblick)
Hier ist der Ansatz: Fassen Sie auf 1 bis 2 Seiten zusammen, warum Ihr Ansatz der beste ist. Adressieren Sie direkt die Schmerzpunkte des Auftraggebers. Zeigen Sie, dass Sie die Aufgabenstellung nicht nur gelesen, sondern verstanden haben.

2. Lösungsarchitektur und Technologie
Wie funktioniert die technische Umsetzung? Beschreiben Sie detailliert, wie Sie die Anforderungen realisieren. Vermeiden Sie Marketing-Floskeln. Nutzen Sie stattdessen präzise technische Beschreibungen, Architektur-Diagramme und Prozessschaubilder. Experten von Cosinex weisen darauf hin, dass die UfAB-Bewertungsmethoden oft „Mehrwerte“ honorieren. Wenn Ihre Lösung also über die Mindestanforderungen hinausgeht (z.B. höhere Sicherheit, bessere Performance), heben Sie dies als expliziten Mehrwert hervor.

3. Projektmanagement und Vorgehensmodell
Öffentliche Auftraggeber sind risikoavers. Nach Angaben des BMI (Bundesministerium des Innern) schafft die Nutzung standardisierter Vorgehensmodelle wie V-Modell XT hierbei das notwendige Vertrauen. Beschreiben Sie Ihr Vorgehensmodell (z.B. PRINCE2, Scrum oder V-Modell XT) konkret bezogen auf das Projekt. Wenn Sie hier punkten wollen, nennen Sie nicht nur die Methode, sondern erklären Sie:

  • Wie läuft die Kommunikation ab? (Jour Fixe, Reporting)
  • Wie wird das Risikomanagement betrieben?
  • Wie stellen Sie die Qualität sicher?

4. Das Team (Projektorganisation)
Was sind die Anforderungen an das Team? Stellen Sie das Projektteam mit konkreten Profilen vor. Das ist wichtig, denn oft werden „namentlich benannte“ Berater gefordert. Vergabe24 berichtet, dass fehlende Qualifikationsnachweise ein häufiger Grund für Punktabzüge sind. Stellen Sie sicher, dass die Qualifikationen (Zertifikate, Erfahrungsjahre) exakt den Anforderungen der Ausschreibung entsprechen. Ein Senior-Berater muss auch die geforderten Senior-Kriterien erfüllen.

5. Service Level Agreements (SLA) und Support
Beschreiben Sie, wie Sie den Betrieb sicherstellen. Reaktionszeiten, Wiederherstellungszeiten und Support-Kanäle müssen den Vorgaben („Muss-Kriterien“) entsprechen. Bieten Sie hier keine „Standard-AGB“ an, sondern gehen Sie spezifisch auf die geforderten Servicezeiten (z.B. 24/7 oder 9-to-5) ein.

Lassen Sie uns einen häufigen Fehler betrachten: das „Copy-Paste“ aus alten Angeboten. Ibau warnt davor, dass Textbausteine, die nicht an den konkreten Kunden angepasst sind, sofort negativ auffallen und zu Punktabzug führen. Nutzen Sie KI-Tools wie BidFix, um Textbausteine intelligent anzupassen, aber prüfen Sie jedes Wort auf Relevanz für die aktuelle Ausschreibung.

Denken Sie daran: Die Prüfer müssen oft hunderte Seiten lesen. Nutzen Sie Fettungen, Aufzählungen und Grafiken, um die Lesbarkeit zu erhöhen und die wichtigsten Argumente („Win-Themes“) hervorzuheben.

Referenzen richtig darstellen: Der Beweis Ihrer Kompetenz

Was sind Referenzen im Vergaberecht?

Referenzen schaffen Vertrauen und dienen als zentraler Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit. Laut dem ANKÖ müssen diese Referenzen vergleichbar sein. Das bedeutet zwar nicht „identisch“, aber sie müssen in Art, Umfang und Komplexität dem ausgeschriebenen Auftrag ähneln.

Wie können Sie Referenzen optimal darstellen?

Hier sind die wichtigsten Punkte, auf die Sie achten sollten:

  • Aktualität: Experten der WKO weisen darauf hin, dass meist Referenzen der letzten drei Jahre gefordert werden. Ältere Projekte werden oft nicht gewertet.
  • Vollständigkeit: Wenn Sie sichergehen wollen, nennen Sie Ansprechpartner (mit Telefonnummer), Auftragswert, Leistungszeitraum und eine präzise Projektbeschreibung.
  • Bestätigung: Vergabejuristen empfehlen, Referenzbescheinigungen frühzeitig einzuholen. Sie können so unnötigen Stress vor der Abgabe vermeiden.

Was ist die Lösung, wenn Sie als junges Unternehmen noch keine großen Referenzen haben? Das Bundesvergabegesetz (BVergG) sieht vor, dass Sie die Eignungsleihe nutzen können. Prüfen Sie, ob Sie Subunternehmer mit Referenzen einbinden oder ob Referenzen der Mitarbeiter (aus früheren Anstellungen) zugelassen sind.

Das Preisblatt: Strategien und Fallstricke

Wie können Sie den optimalen Preis finden? Die Preiskalkulation ist oft ein Balanceakt. Einerseits zählt der Preis oft 50 % oder mehr, andererseits dürfen Sie keine „Dumping-Preise“ anbieten. Laut Vergaberecht müssen Preise „auskömmlich“ sein. Ein ungewöhnlich niedriges Angebot kann dazu führen, dass die Vergabestelle eine Aufklärung verlangt. Wie das BMWK warnt, werden Sie bei unzureichender Begründung sofort ausgeschlossen.

Worauf sollten Sie beim Ausfüllen des Preisblatts achten? Hier sind die wichtigsten Punkte:

  • Keine Mischkalkulation: Verschieben Sie keine Kosten von einer Position in eine andere (z. B. Hardware billiger, Dienstleistung teurer). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist das ein zwingender Ausschlussgrund.
  • Vollständigkeit: Jede Position muss einen Preis haben. Wenn Sie eine Leistung kostenlos erbringen, tragen Sie „0,00 €“ ein (prüfen Sie vorher die Zulässigkeit). Lassen Sie das Feld niemals leer.
  • Einheitspreise vs. Pauschalen: Achten Sie genau darauf, ob Stundensätze oder Festpreise gefordert sind.

Warum ist eine Vorkalkulation entscheidend? Nutzen Sie für die interne Kalkulation Tools, um Ihre Deckungsbeiträge pro Position im Blick zu behalten. Experten der IHK empfehlen, erst dann die Zahlen in das offizielle Preisblatt zu übertragen. So stellen Sie sicher, dass Ihr Angebot wirtschaftlich bleibt.

Formale Compliance und Qualitätssicherung: Vermeiden Sie den Ausschluss

Warum führt ein Formfehler zum Ausschluss? Der schmerzhafteste Moment für jeden Bid-Manager ist der Ausschluss eines inhaltlich perfekten Angebots wegen eines Formfehlers. Die Formalien sind im deutschen Vergaberecht streng. Gemäß § 57 VgV führen Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingehen, zwingend zum Ausschluss. Es gibt hier keinen Ermessensspielraum für die Vergabestelle.

Wie können Sie das verhindern? Um sicherzustellen, dass Ihr Angebot im Rennen bleibt, müssen Sie einen strengen Qualitätssicherungsprozess etablieren. Wenn Sie diese Punkte beachten, sind Sie auf der sicheren Seite:

1. Die Signatur (Das häufigste K.O.-Kriterium)
Die meisten Angebote müssen heute elektronisch über Vergabeplattformen eingereicht werden. Prüfen Sie genau, welche Signatur gefordert ist:
- Textform: Name der handelnden Person reicht (einfach getippt).
- Fortgeschrittene elektronische Signatur: Erfordert spezielle Zertifikate.
- Qualifizierte elektronische Signatur (QES): Erfordert Signaturkarte und Kartenleser oder spezielle Cloud-Dienste. Experten warnen: Eine QES zu besorgen dauert Tage oder Wochen. Kümmern Sie sich nicht erst am Abgabetag darum!

2. Fristenmanagement
Die Abgabefrist ist bindend. „12:00 Uhr“ bedeutet: Um 12:00:01 Uhr ist das Portal geschlossen. Planen Sie immer einen Puffer von mindestens 24 Stunden ein. Technische Probleme auf Ihrem PC oder der Plattform sind Ihr Risiko. Ibau empfiehlt, den Upload-Prozess frühzeitig zu testen, um Browser-Inkompatibilitäten auszuschließen.

3. Was sind die Anforderungen an die Vollständigkeit?
Öffentliche Ausschreibungen verlangen eine Vielzahl an Eigenerklärungen (z.B. zur Tariftreue, Russland-Sanktionen, Mindestlohn). Laut Vergabe-Analysten scheitern viele Bieter hier an Flüchtigkeitsfehlern. Nutzen Sie die Checkliste der Vergabeunterlagen, aber verlassen Sie sich nicht blind darauf. Erstellen Sie Ihre eigene „Compliance-Matrix“, in der Sie jedes geforderte Dokument abhaken. Fehlt eine einzige geforderte Erklärung, kann das Angebot ausgeschlossen werden.

4. Umgang mit Bieterfragen
Wenn Sie Widersprüche in den Unterlagen finden oder Anforderungen unklar sind, raten Sie nicht! Stellen Sie eine Bieterfrage über die Plattform. CosH Information Technology betont, dass dies der einzige rechtssichere Weg ist, Unklarheiten zu beseitigen. Antworten auf Bieterfragen werden Teil der Vergabeunterlagen und sind für alle bindend. Aber Achtung: Stellen Sie Fragen rechtzeitig vor der Fragefrist.

5. Warum ist das 4-Augen-Prinzip entscheidend?
Lassen Sie das Angebot niemals von der Person final prüfen, die es geschrieben hat. Man wird „betriebsblind“. Branchenstandards des Bitkom legen nahe, dass ein Kollege das Angebot gegen die Anforderungen prüfen sollte: Wurde Frage 3.1 wirklich beantwortet? Ist die Referenz 2 wirklich im geforderten Zeitraum? Stimmen die Summen im Preisblatt?

Die Qualitätssicherung ist kein lästiges Übel, sondern entscheidend für den Erfolg im Vergabeprozess. Professionelle Bid-Teams nutzen dafür oft spezialisierte Software, die sicherstellt, dass alle Anforderungen aus den Dokumenten extrahiert und abgearbeitet wurden.

FAQ

Darf ich meine eigenen AGB dem Angebot beifügen?

Nein, in der Regel niemals! Öffentliche Auftraggeber akzeptieren fast ausschließlich ihre eigenen Vertragsbedingungen (z.B. EVB-IT). Das Beifügen eigener AGB wird meist als „Abänderung der Vergabeunterlagen“ gewertet und führt zum sofortigen Ausschluss Ihres Angebots. Akzeptieren Sie die Bedingungen der Ausschreibung uneingeschränkt.

Was ist der Unterschied zwischen Eignungskriterien und Zuschlagskriterien?

Eignungskriterien sind K.O.-Kriterien, die prüfen, ob Sie das Unternehmen sind, das den Auftrag grundsätzlich erfüllen kann (Umsatz, Mitarbeiterzahl, Referenzen). Sie werden nur mit Ja/Nein bewertet. Zuschlagskriterien (Preis, Konzeptqualität) entscheiden darüber, wer von den geeigneten Bietern das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat und den Auftrag erhält.

Wie kalkuliere ich Stundensätze für öffentliche Aufträge?

Kalkulieren Sie auskömmlich, also kostendeckend plus Gewinnmarge. Öffentliche Auftraggeber dürfen Angebote ausschließen, die in einem „offenbaren Missverhältnis“ zur Leistung stehen (Dumping). Nutzen Sie marktübliche Sätze, aber seien Sie wettbewerbsfähig. Achten Sie darauf, alle Nebenkosten (Reisekosten oft inkludiert!) in den Stundensatz oder die Pauschale einzurechnen, falls nicht separat vergütet.

Was mache ich, wenn die Ausschreibungsunterlagen unklar sind?

Stellen Sie unverzüglich eine Bieterfrage über die Vergabeplattform. Raten Sie nicht! Unklarheiten gehen sonst zu Ihren Lasten. Beachten Sie die Frist für Bieterfragen (meist einige Tage vor Angebotsabgabe). Die Antworten werden allen Bietern anonymisiert zur Verfügung gestellt und werden verbindlicher Teil der Ausschreibung.

Benötige ich eine elektronische Signatur?

Das hängt von der Ausschreibung ab. Viele Verfahren verlangen nur noch die „Textform“ (Name der Person eingetippt). Einige, besonders sicherheitskritische oder Bau-Vergaben, verlangen aber oft noch eine fortgeschrittene oder qualifizierte elektronische Signatur (QES). Prüfen Sie dies sofort nach Erhalt der Unterlagen, da die Beschaffung einer QES Zeit kostet.

Kann ich als kleines Unternehmen an großen Ausschreibungen teilnehmen?

Ja, durch Bildung einer Bietergemeinschaft (Biege) oder den Einsatz von Unterauftragnehmern (Nachunternehmer). In einer Biege bündeln Sie Umsätze und Referenzen mit Partnern, um die Eignungskriterien gemeinsam zu erfüllen. Dies muss aber im Angebot transparent als Bietergemeinschaft erklärt werden.

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